Anke 
 Jena 
 Photos 
Home    

 Es war einmal eine Insel oder das verlorene Paradies

Es war einmal eine Insel, erzhählte die Mäusemutter ihren Kindern, die war kahl und leer. Kein Baum und kein Strauch wuchsen dort. Eines Tages flog über diese Insel ein Vogel, der ließ etwas fallen. Und weil er kurze Zeit vorher irgendwo Körner aufgepickt hatte, befand sich in dem, was er fallen ließ, ein unverdautes Korn.

Der Refen schwemmte das Korn in die Erde, und bald wuchs da, wo es im Boden steckte, ein kleines Bäumchen.
Dieses Bäumchen wuchs in vielen Jahren zu einem stattlichen Baum heran. Er trug Früchte, und als andere vorbeifliegende Vögel sie entdeckten, ließen sie sich auf ihm nieder.
Bald wuchsen viele Bäume auf der Insel.
Und als die Tiere auf den Nachbarinseln die Bäume entdeckten, kamen sie in hellen Scharen. So entstand ein Paradies.

Eines Tages fuhr ein Schiff an der Insel vorbei. Dem Kapitän gefiel das Paradies, und er baute sich ganz oben, auf dem höchsten Berg, ein Haus. Dort wohnte er mit seiner Frau und seinen Kindern. Manchmal bekam er auch Besuch.
Die Leute besuchten den Kapitän gern, denn die Insel gefiel ihnen. Und weil noch viel Platz da war, bauten sie sich selbst Häuser dort. Auch sie bekamen Besuch, und der Besuch bekam Besuch, und allen gefiel es sehr, und sie bauten sich eigene Häuser. Sie fällten viele Bäume, um Platz für ihre Häuser zu bekommen, und für die Tiere blieb nicht mehr viel Platz übrig.
Überall lag Abfall herum, und wo kein Abfall lag und keine Häuser standen, baute man Straßen.

Da verließen die Tiere die Insel wieder, und die Vögel flogen fort. Und weil sich die Bäume nicht mehr vermehrten und die Menschen zum Bau ihrer Häuser immer mehr Holz verbrauchten, standen auf der Insel bald nur noch Häsuer und keine Bäume mehr.
Aber das fanden die Menschen auch nicht schön, und einer nach dem anderen zog wieder fort. Die Mauern brachen zusammen, und das Holz verfaulte.
Bald war die Insel wieder so kahl und leer, ohne Baum und Strauch, so wie sie vorher gewesen war, erzählte die Mäusemutter ihren Kindern. In diesem Augenblick flog ein Vogel über die Insel. Er ließ etwas fallen, und weil er kurze Zeit vorher irgendwo Körner aufgepickt hatte, war in dem, was er fallen ließ, ein unverdautes Korn...

(Sigrid Heuck)

‹‹ zurück


Du bist hier: Anke/Texte/Gedanken/Es war einmal eine Insel