Warum brauchen wir noch heute oder gerade heute Philosophie? |
Warum wird auch heute noch, in einer Zeit modernster Technik und bester Lebensverhältnisse die Philosophie von vielen als etwas Besonderes geschätzt? Es gibt aber auch viele die sagen, die Philosophie bringt keine klaren Antworten, aber heutzutage sind konkrete Antworten nötig. Brauchen wir sie denn überhaupt noch?
Philosophie wird heute wie damals (z.B. Zeit der Aufklärung) aus ähnlichen und gleichen Gründen ausgeübt. Dem Menschen stellen sich immer wieder Fragen, auf die er eine Antwort sucht, sich diese aber mit verfügbaren wissenschaftlichen Methoden nicht finden lässt. Fragen wie „Was ist eigentlich Leben“, die Suche nach dem „Sinn des Lebens“, aber auch modernere wie „Was war vor dem Urknall“ haben sich schon viele Menschen gestellt –auch wenn sie keine Philosophen sind – und solange keine Antwort gefunden wird (was wohl teilweise nie der Fall sein wird) werden sie auch noch viele stellen. Philosophie ist allgegenwärtig und wird in den meisten Fällen eher unbewusst angewendet.
Also auch heute philosophiert jeder als Einzelperson, aber warum gibt es dennoch Menschen, die sich die Philosophie zum Beruf gemacht haben? Eine kleine Anzahl von Philosophen findet in Ethikkommissionen und dergleichen eine Anstellung. Mit dem Fortschritt stellen sich neben den alten ungelösten auch neue ethisch-moralische Fragen, die oftmals die Politik direkt oder indirekt beeinflussen. Solche Fragen betreffen z.B. Selbstmord und Sterbehilfe oder Probleme der Bioethik: ist Klonen ethisch vertretbar und wie sehr beeinflussen die Gene das Verhalten und die Fähigkeiten eines Menschen? Mir den fortschreitenden Erfolgen der künstlichen Intelligenz stellt sich auch die Frage „Was ist der Mensch“ ganz neu.
Allerdings gibt es viele, die sagen, dass diese Philosophen ausreichen und sich mit allen relevanten Fragen auseinandersetzen, also braucht man in dem Sinne die Philosophie nicht mehr. Doch die „brotlose Kunst“, welche sie auch heute noch ist, wenn man nicht Arbeit in einer Kommission oder ähnlichen Beraterstelle findet, wird trotzdem von einer recht großen Anzahl als Beruf gewählt – obwohl einige dadurch „nur“ von Sozialhilfe leben. Man möchte sich bewusst mit oben genannten und ähnlichen Fragen beschäftigen und versuchen, eine Antwort zu finden oder wenigstens einen Schritt weiterzukommen. Auch wird gezielt Kritik an der Gesellschaft und Gesellschaftformen ausgeübt um eine Verbesserung zu erziehlen, welche nicht selten zusammen mit der Kritik genannt wird.
Ein weiterer Grund, warum die Philosophie gerade heutzutage gebraucht wird, ist, dass man überhaupt so bewusst über die Dinge wie Gesellschaft nachdenkt. Früher war die Hierarchie einfach da. Keiner hat sich widersetzt oder weiter darüber Gedanken gemacht. Dies begann erst richtig mit der Französischen Revolution und der gesamten Zeit der Aufklärung. Heute muss nach neuen, gerechteren Gesellschaftssystemen gesucht werden, mit dem alle zufrieden sind und es vor allem Gleichberechtigung und keine sozialen Unterschiede mehr gibt. Besonders stark haben sich z.B. Karl Marx und Friedrich Engels mit diesen Problemen beschäftigt, doch eine allgemeine Lösung gibt es immer noch nicht.
Ein weiterer Grund ist der schwindende Einfluss von Religionen. Früher wurde einfach z.B. von der Kirche diktiert, was man glauben darf/soll, wie es ja auch noch heute in einigen Gebieten ist. Die Dogmen wurden kaum hinterfragt und war dies der Fall, wurde das natürlich nicht geduldet. Doch viele Religionen sind heute unglaubwürdig, es besteht also die Notwendigkeit, neue Lebenseinstellungen und Weltbilder zu schaffen. Und dies können die Wissenschaftler nicht alleine und sind somit auf die große Hilfe der Philosophie angewiesen.
Aber man braucht für all diese Fragen doch nur eine handvoll „echte“ Philosophen. Dennoch ist die Philosophie keine Arbeit und jeder sollte für sich selber philosophieren. Ein weiteres Gegenargument ist, dass die Philosophie die Wissenschaften und damit den Fortschritt behindert, da alles in Frage gestellt wird.
Ich persönlich finde es allerdings gut, dass nachgefragt wird und somit Dinge und neue Erkenntnisse in Frage gestellt werden. Schließlich können nicht alle Dinge, nur weil sie gut wirken automatisch gut sein. So wird beispielsweise verhindert, dass neuen Theorien blind vertraut wird und sich dadurch möglicherweise sektenähnliche Gruppen bilden, die durchaus gefährlich sein können (z.B. Scientology). Und gerade weil die Wissenschaft heutzutage sehr spezialisiert ist und kaum noch neue Antworten gefunden werden, brauchen wir die Philosophie, die vielleicht ja eine Antwort findet. Und durch die vielen Spezialisierungen und Teilungen wird auch der Fortschritt nicht so stark gehämmt, da das In-Frage-Stellen eines einzelnen Faktes eines Teilgebietes nicht die Gesamtheit der Wissenschaften in Frage stellt und behindert.
Ich bin also der Meinung, dass man die Philosophie gerade heute braucht. Gesellschaftssysteme werden in Frage gestellt, Religionen verlieren an Einfluss und durch den Fortschritt der Wissenschaften entstehen neue ethisch-moralische Fragen, die man in den meisten Fällen ohne Nachzudenken zu seinem eigenen Wohl entscheiden würde und nicht das Wohl anderer oder mögliche Konsequenzen beachtet. Doch gerade solche Fragen müssen von allen Seiten betrachtet werden und genau das ist es, was die Philosophie macht und gerade heute benötigt wird.
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